Im Zeitraum von Oktober 2016 bis März 2017 hatten wir das Glück, an einem Theaterprojekt, initiiert durch das Staatsschauspiel Dresden, mit der Klasse 9b teilzunehmen.
Mittels Gesprächen mit Zeitzeugen und Recherchen auf Demos haben sich alle Beteiligten dem Thema „Protest“ genähert, um Mittel und Strategien von Widerstand zu erkunden.
Wie viel Mut brauchte es, sein Unbehagen in der DDR öffentlich zu machen? Warum war der Besuch jeder Demonstration gegen Assad für einen jungen Syrer existentiell? Wie sieht der tägliche Kampf in Dresden gegen Barrieren für RollstuhlfahrerInnen aus? Wofür lohnt es sich wirklich zu kämpfen? Glauben wir an die Kraft unserer Stimme, und wie können wir uns im alltäglichen Chaos aus Information und Standpunkten überhaupt eine eigene Meinung bilden? Wollen wir eine Demo erfinden, auf der nur getanzt werden darf? Und auf einmal zieht Rick einen Rock an, um sich fortan für die Rechte der Männer einzusetzen – bei den Feministinnen.
„Get up! Stand up!“
ist das erste Projekt des Staatsschauspiels Dresden, in dem eine ganze Schulklasse auf der Bühne steht.“ (Information der Bürgerbühne).
Es war eine anstrengende Zeit auf beiden Seiten. Nicht immer waren alle bei der Sache. Es gab während der Projektzeit immer wieder Nachfragen: Warum machen wir diese oder ähnliche Übungen? Muss ich das wirklich machen? u.ä.
Aber wichtig ist, dass sich fast alle darauf eingelassen haben. Die Theateraufführungen zeigen, dass sich die ganze Mühe gelohnt hat. Meine SchülerInnen haben sich sehr viel mit dem Thema „Protest“ auseinandergesetzt, so dass das gesamte Stück ein Produkt ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema ist. Zum Gelingen trug auch bei, dass sie ihre eigenen Sätze im Stück verwendet haben.
Die Entwicklung aller SchülerInnen ist enorm - z.B. vom ruhigen, etwas schüchternen Schüler zu einem, der laut seine Meinung vertritt oder vom etwas lauten, sich immer in den Mittelpunkt spielenden Schüler zu einem, der für andere mitdenkt, sich um andere kümmert, das große Ganze sieht. Das Theaterprojekt hat das Miteinander in der Klasse gefördert. Es fällt vielen leichter, aufeinander zuzugehen. Meine SchülerInnen interessieren sich füreinander, es ist nicht egal, wie es dem Nachbarn geht. Sie nehmen sich anders wahr, können miteinander besser kommunizieren, reagieren offener auf Neues und sind aufgeschlossener. Es ist bereits jetzt schon spürbar, dass Einige bei Vorträgen ihre Hemmungen ablegen oder auch frei sprechen können. Bei einigen SchülerInnen hat das Projekt Auswirkungen bis in die eigene Familie: Eltern sind stolz auf ihre Kinder - ein toller Nebeneffekt!
Besonders fällt mir auf, dass einige versuchen, Situationen aus der Sicht von anderen Personen zu betrachten, dass sie mitfühlen. Ich glaube auch, dass sie ein neues Körperbewusstsein entwickelt haben: ich bin wer, ich kann, ….
Die wichtigste Erfahrung ist noch im Unterbewusstsein: „Wenn ich etwas will, dann schaffe ich es auch. Ich muss dafür aber auch arbeiten. Geschenkt wird einem Nichts.“
Durch dieses Projekt haben sich alle zu einer Gemeinschaft gefunden, in der es nun besser möglich sein wird, auch gute schulische Leistungen zu bringen.
Die Erfahrungen durch das Theaterprojekt kann ihnen keiner mehr nehmen.
Das Projekt hat einen sehr großen Einfluss auf die Entwicklung meiner SchülerInnen.
Im Juni 2017 durften wir dann auch am Schülertheatertreffen in Bautzen teilnehmen.
Eigentlich sollte das Projekt im Sommer 2017 abgeschlossen sein, aber unser Stück wurde noch einmal ins Theaterprogramm bis Februar 2018 aufgenommen. Darauf können alle stolz sein.